Der Sinn des Lebens besteht wohl darin zu lernen, es selbst in die eigene Hand zu nehmen …

It’s my life
It’s now or never
I ain’t gonna live forever
I just want to live while I’m alive.
(Jon Bon Jovi)

Ein paar Worte als Intro: Nun wollte ich mir schon seit Wochen Gedanken über mein eigenes Leben machen, nachdem mich Sandra Liane Braun eingeladen hatte, an ihrer Blogparade „Was will ich wirklich im Leben? – Mein schönes Leben“ teilzunehmen. Mein Entschluss stand fest, meine Schreibpause der letzten Monate mit genau diesem wundervollen Thema zu beenden und es als Wiedereinstieg in den kreativ-frei-fröhlichen Schreibfluss zu nehmen, doch mein innerer Schweinehund wollte wohl auch ein Wörtchen mitreden und servierte mir täglich andere Ablenkungsmechanismen: „Das schöne Wetter muss für dies und jenes ausgenutzt werden“, „in der miesen Stimmung nach  meinem Fahrradunfall kann ich eh nicht vernünftig schreiben“ … Schon spannend, mal diesen Gedanken bewusst Beachtung zu schenken. Nun gut, Sandra hat die Frist für die Einreichung der Blogbeiträge noch ein paar Tage verlängert und ich habe mir 5-4-3-2-1 einen inneren Anschubser gegeben und bin JETZT bereit für einen kurzen Film-Abriss about my life.

Growing up into an adult world

An die Tage meiner Kindheit habe ich ehrlich gesagt gar nicht mehr so viele Erinnerungen. In meiner „gefühlten“ Erinnerung ging es mir meist darum, Konflikte und Chaos im Außen auszublenden, mich möglichst unauffällig zu verhalten, um selbst nicht groß in die Schusslinie zu geraten und zugleich mich auf die schönen, lustigen und bunten Aspekte des Lebens zu konzentrieren. Ich glaube ich führte ein ziemlich angepasstes Dasein als „liebes Kind“ mit den „normalen“ Kinderkrankheiten, Kindergeburtstagsfeiern, (Brief-)freundschaften & Spielzeugen und war der Traum einer jeden Mutter, da ich nur sehr gute Schulnoten nach Hause brachte (ohne irgendwas dafür zu lernen, es flog mir alles in Leichtigkeit zu) …. Damit standen mir alle Wege offen und ich überließ es dem Zufall und meinem damaligen Freundeskreis, welche Fächer ich studieren sollte.

Ich setzte mich nie bewusst mit anstehenden Entscheidungen auseinander, sondern ließ das Leben mit meiner „Alles ist gut“-Brille einfach geschehen und ließ mich treiben, wie ein Stück Holz im weiten Ozean.  Und wieder hatte ich super Uni-Noten, mir standen wieder alle Wege offen und ich sagte immer JA, wenn mir das Leben etwas anbot. JA zu einer angebotenen Doktorarbeit, JA zu einem angeboten Job, JA zu einer langjährigen Partnerschaft, JA zu interessanten Auslandsprojekten …. Im Gelegenheiten wahrnehmen (und erstmal alles annehmen, ohne es kritisch zu hinterfragen) war ich richtig richtig gut, denn schließlich konnte ich auch allen leidvollen Begleitaspekten immer etwas Gutes abgewinnen. Wenn mich z.B. jemand warten ließ oder versetzte, freute ich mich einfach über die damit gewonnene Zeit und empfing mein Gegenüber auch noch Stunden später mit einem freundlichen Lächeln. Meine rosarote Brille präsentierte mir die Schokoladenseiten und Geschenke in jeder Situation, ich fühlte mich immer fröhlich und gut gelaunt und hüpfte weiter von einem Projekt ins nächste, immer nach vorne, immer weiter dem free flow folgend …. als optimaler Statist, an jeder beliebigen Stelle einsetzbar, perfekt angepasst an jede Szene.

Äh Moment mal …. irgendwas stimmt hier nicht … innehalten…

Was von außen betrachtet wie das ideale „Schöne Welt – Bilderbuchleben“ aussah (keine Konflikte, pure Harmonie in Partnerschaften, unzählige Freundschaften & everybody’s darling, erfolgreiche Projekte,  unbefristeter sicherer Job, …) schien jedoch irgendwann von innen zu zerbröseln. Mein Körper zeigte mir schon länger über einen erhöhten AugenDRUCK, dass ich da auch was wegzuDRÜCKEN schien. Hautreizungen an den empfindsamsten Stellen des Körpers signalisierten mir, dass mein Kontakt zu den mir nahestehenden Personen vielleicht doch nicht so smooth war, wie ich es wahrnahm. Und irgendwann vor einigen Jahren, inmitten eines stressigen Auslandsprojektes bei gleichzeitigem Stress im privaten Umfeld, spürte ich ganz plötzlich so etwas wie Panik in mir aufsteigen. Ich versuchte mich von diesem Gefühl abzulenken mit noch mehr Parties und  noch abenteuerlicheren Projekten … Doch da gab es etwas in mir, was irgendwann nicht mehr weggedrückt werden wollte und aus dem Inneren des Vulkanes ausbrechen wollte. Ich kannte diese Empfindungen überhaupt nicht und sie waren mir total fremd. Bislang hatte ich mich immer als sichere, stabile, robuste, „let’s rock a beautiful life“ – Power Woman empfunden, die durch nichts zu erschüttern ist, und plötzlich schlotterten mir die Knie, war kurzatmig und konnte mich nicht mehr aufs Leben konzentrieren und „funktionieren“.

Ähnliche, wellenartige Gefühle sollte ich ein paar Jahre später nach dem Tod meiner Mutter nochmals durchfühlen. Heute weiß ich, dass sich Gefühle so anfühlen, damals war es der Horror für mich und ich habe es meiner wundervollen und wundervollbringenden Heilpraktikerin zu verdanken, dass ich in dieser Situation wieder gut ins Leben fand. Allerdings war dies nur möglich mit einem bewussten Hinschauen zu mir, ins Innere statt ins Außen.

Tore zu einer neuen, unbekannten Welt

„Die schönste Reise ist die Reise zu dir selbst!“ stand auf einer Postkarte geschrieben, die ich per Zufall bei einem Schreibwettbewerb von einer anderen mir zugelosten Teilnehmerin zugeschickt bekam. Hmm, im „in der Welt herumreisen“ war ich Meisterin, aber eine Reise zu mir selbst hatte ich noch nie angetreten. Versteckte sich hinter meiner ganzen Abenteuer- und Reiselust vielleicht auch eine Art Flucht, mein eigenes Leben und bestimmte schattige Anteile gar nicht anschauen zu wollen, sondern stattdessen lieber unter der Sonne und am Strand cocktailschlürfend zu tanzen? Mutig machte ich mich in den letzten drei Jahren auf diese Reise zu mir selbst, dabei immer der ganz leise in mir vernehmbaren Stimme folgend. Ich besuchte unzählige Vorträge, Workshops und Seminare, arbeitete mit dem „inneren Kind“, öffnete mich in tantrischen Massagen der Weisheit meines Körpers und las Bücher zu den verschiedensten psychologischen und spirituellen Aspekten, die mich auf meiner Reise Schritt für Schritt voran brachten. Herausheben möchte ich an dieser Stelle zwei Initiativen, die ganz wesentlich zu meiner Weiterentwicklung und Entfaltung meines Wesenskerns beigetragen haben und Tore zu einer neuen Innenwelt bei mir geöffnet haben:

  • „Sei der Magier deines Lebens“

Im Januar 2017  zog es mich magisch zu der mehrteiligen Weiterbildungs-Reihe „Sei der Magier deines Lebens“ von Jan Becker hin. Gleich im ersten Seminar geschah etwas Magisches mit mir. Jan führte uns im Jüdischen Museum in Berlin in eine „Golem“-Ausstellung (ein Golem ist ein Wesen aus unbelebter Materie, das durch rituelle Beschwörung und hebräische Buchstabenkombinationen zum Leben erweckt wird). Unsere Aufgabe war es, die Darbietungen im Museum aus positiver, negativer und neutraler Perspektive wahrzunehmen. Während für fast ALLE Teilnehmer*innen das Highlight darin bestand zu erkennen, dass sie wirklich gruseligen Szenen noch etwas artistisch Schönes abgewinnen konnten, war es für mich eine wirklich augen-öffnende Aha-Erfahrung, dass ich auch mal etwas Negatives „sehen“, wahrnehmen und artikulieren konnte. Eine ganz neue Erfahrung, trabte ich zuvor jahrelange mit einer rosaroten Brille durchs Leben! Wow und eine Tarot-Karte mit einem kopfüber Hängenden (Le Pendu) signalisierte mir deutlich, dass ich zwar free-floating im Wind treibend mein Leben lebte, dass mir aber ein Perspektivenwechsel echt gut täte und ich bekam wie in einem Geistesblitz eine plötzliche Idee, woher mein erhöhter Augendruck evtl. rühren könnte. In der Abschluss-Übung in den Kreis der Gruppe tretend wünschte ich mir, dass ich nun den Mut aufbringen würde, all das zu sehen und anzuschauen, was ich zuvor nicht zu sehen bereit war und lieber weggeDRÜCKT hatte. Ein „Abracadabra“ der Gruppe besiegelte meine Entschlossenheit und so sollte dann meine Reise zu mir selbst weiter voranschreiten und der in mir schlummernde Golem-Anteil auch zu neuem Leben erweckt werden.

  • „Herz über Kopf“ – Ausbildung zum Inspirationscoach

Ein zweites Tor zu der mir neuen unbekannten Welt öffnete sich während meiner Ausbildung von „Herz über Kopf“ zum Inspirationscoach online. Hier lernte ich nicht nur die Schattenanteile zu SEHEN, sondern auch zu FÜHLEN. Während andere Teilnehmer*innen völligst vertraut waren mit Gefühlen wie Angst, Ohnmacht, Wut, etc. und es für sie ein Highlight war, diese in Freude und etwas Positives zu verwandeln, war es für mich etwas ganz neues, diese negativen Gefühle überhaupt einmal bewusst kennenzulernen. Als Kind hatte ich sie wahrscheinlich unter der rosaroten Brille wirklich gut versteckt. Sie nun mal bewusst zu durchfühlen und darin zu entspannen anstatt sie wegdrücken zu wollen oder auf die nächste Dienstreise zu flüchten, war eine revolutionäre und befreiende Entdeckung für mich. Genau so neuartig wie die Erfahrung im Jüdischen Museum, Negatives zu sehen war für mich die Entdeckung, was es da an Ängsten überhaupt so alles in mir gab:  Ängste nicht zu funktionieren, Ängste nicht den Erwartungen der anderen gerecht zu werden, Ängste Fehler zu machen und hinzufallen …. Woher kommen diese Ängste??  „Man hat nur Angst, wenn man mit sich selber nicht einig ist“, sagte schon Hermann Hesse.

Laufen lernen: Auf eigenen Beinen gehen und stehen lernen

Mit mir selber einig zu werden, alle meine Anteile anzuschauen und zu integrieren, mich in Selbstliebe zu üben, herauszufinden wer ich wirklich bin, bedeutete für mich anfangen laufen zu lernen, die ersten Schritte mit eigenen Beinen bewusst zu gehen anstatt mich einfach so treiben zu lassen. Das geht natürlich nicht vom einen auf den anderen Schlag wie ein Schalter, den man umlegt. Es ist wie bei einem Musikinstrument ganz viel Übung erforderlich und die Geduld für kleine Schritte:

Ich lerne nun meine Augen und mein Herz offen zu halten und bei dem, was mir das Leben schickt, vor dem JA sagen erst einmal zu hinterfragen: WILL ich das? Will ICH das? Will ich DAS? Ich lerne Grenzen zu setzen, NEIN zu sagen, wenn sich etwas nicht stimmig anfühlt für mich. Ich lerne auf die Signale und Botschaften meines Körpers zu hören. Ich lerne mein Umfeld, die Natur, anders wahrzunehmen. Ich lerne mich mitzuteilen und das auszudrücken, was in mir ist. Ich lerne Gefühle zuzulassen – verletzlich ist das neue sexy!

So durften viele magische Dinge in meinem Leben NEU entstehen: mein magischer Blog, meine Poesie, meine improvisierte Musik, unter Anleitung einer tollen Künstlerin sogar ein paar Bilder („ja, Sonja, trau dich, nicht immer nur Einhörner und Sonnenschein zu malen, verleih auch mal deinem Zorn mit fetter roter Farbe Ausdruck“).

Und noch mehr MUT, KRAFT und KLARHEIT erforderte es tatsächlich, nicht nur NEUES entstehen zu lassen, sondern auch ALTES abzuschließen und gehen zu lassen. Tatsächlich mal Entscheidungen selbst zu treffen und das Leben aktiv zu gestalten, anstatt gelebt zu werden. So kam es, dass ich meinen Job auf Leitungsebene an der Uni letztes Jahr auf 50% reduzierte, mich in diesem Jahr von langjährigen Freundschaften und auch aus meiner Partnerschaft verabschiedete, aus Projekten ausstieg, viele Möbel und Kleider ausmistete und gestern nun auch das letzte Treffen mit meinem langjährigen Klavierlehrer hatte. Er ermunterte mich: „Now it’s time to be your own teacher!” Es ist ein schönes Gefühl, wenn Menschen, die einem am Herzen liegen, einen frei weiter ziehen lassen und in Liebe loslassen. In diesem Sinne danke ich auch meinem Mann, der nach eigenen Worten „in mir nicht mehr die Frau erkennt, die er einmal geheiratet hat“ für seine wohlwollende Kommunikation in Bezug auf meinen Ent-schluss, meiner inneren Stimme zu folgen und von nun an meinen eigenen Weg zu gehen.

Auf die Richtung kommt es an!

Fühle ich mich nun angekommen nach diesen kraftvollen Entscheidungen für freiere Lebens- und Arbeitsformen? Nein, es fühlt sich so an, die ersten Schritte in die richtige Richtung gegangen zu sein. Ich fühle mich auf dem Weg (nicht mehr auf der Flucht) und der Weg entsteht beim Gehen. Der Unterschied ist, dass ich selbst bestimme, in welche Richtung meine Füße den nächsten Schritt tun. Wann es Zeit ist, anzuhalten, tief durchzuatmen, auf die innere Stimme zu hören, sich neu zu orientieren und dann wieder weiterzugehen.

Habe ich ein klares Ziel vor Augen? Nein, das habe ich nicht. Es ist eine Richtung. Eine Richtung, die durch Werte definiert ist, die ich in meinem Leben erfahren möchte: FREIHEIT, EHRLICHKEIT, LUST und LIEBE. Diese habe ich bei meinem Retreat an der Ostsee auf feste Steine gemalt. Diesen möchte ich folgen, sie bewusst leben und gleichgeSINNte, an diesen Werten orientierte Menschen in mein Leben einladen. Ich darf gerade erfahren, wie schön es sich anfühlt, in Freiheit und Verbundenheit mit einem magischen Wesen meinen Weg fast täglich zu reflektieren und gemeinsam die Wellen zu surfen, die entstehen, wenn man authentisch zu seinen Werten steht.

Mir selbst gegenüber habe ich versprochen, nicht mehr aus Obligation Feelings heraus zu handeln, sondern nur noch dann JA zu sagen, wenn es sich stimmig mit meinen Werten, d.h. frei, ehrlich, lust- und liebevoll, anfühlt. Dies nicht nur gegenüber anderen, sondern auch gegenüber mir selbst zu be-herz-igen.

Und tue ich das schon zu 100%? Nein, es gibt immer wieder Situationen, in denen ich „hinfalle“ (auch im wahrsten Sinne des Wortes, z.B. vom Fahrrad) und nicht ganz die Magierin meines eigenen Lebens bin. Dann bin ich sehr sehr dankbar für meine Herzensbegleiter auf meinem Weg, die mir helfen mich den „Säbelzahntigern“ zu stellen und die mich auch in diesen Situationen verletzlich, tränenüberströmt und mit blauen Flecken so annehmen wie ich bin, mir mit homöopathischen Mitteln erste Hilfe leisten oder mir trostspendende Teddybären weiter vererben 🙂 You Never Walk Alone und DANKBARKEIT ist ein guter Begleiter!

Nach dem Herauswachsen aus der Statistenrolle und dem Ausprobieren einiger aktiver Hauptrollen möchte ich nun immer mehr in die Rolle der Regisseurin kommen, die sich nicht nur fragt, will ich diese mir angebotenen Rolle annehmen und ausgestalten, sondern die selbst das Drehbuch ihres eigenen Lebens schreibt: „Was will ich? Wie will ich es? Wann will ich es? Mit wem will ich es?“

Ich glaube, ich bin nach wie vor nicht die Regisseurin, die alles bis ins kleinste Detail plant, sondern eine, die im Rahmen selbst gesteckter Räume weiterhin auch das Improvisieren und die Geschenke des Universums liebt, denn der Sinn des Lebens ist ja das Leben zu erfahren. Eine Regisseurin, die auch mutig darauf ver-traut that „everything begins and ends at exactly the right time and place“ (Joan Lindsay, Picnic at Hanging Rock). Aber das Vertrauen nicht mehr aus einer rosaroten Brille heraus schöpft, sondern aus einer transparenten, klaren und selbst-ehrlichen Sicht der Dinge.

Ich freue mich auf meine nächsten Projekte in eigener Regie 🙂 und danke Sandra Liane Braun- Raus aus dem Stress, rein ins Leben. Coach und Gedankensortiererin wenn Du sagst „Ich kann nicht mehr!“, dass ich mit diesem Beitrag Mutmacher*in sein darf und meine Version von einem schönen freien Leben einen Platz in ihrem E-Book bekommt ❤️